Wie hoch ist der tatsächliche Anteil an Erneuerbarer Energie?

Der Strom aus der Steckdose ist nicht immer zu 100 % Ökostrom, selbst wenn sich der Kunde für einen Anbieter entscheidet, der vollständig auf die Produktion aus Erneuerbarer Energie setzt. Der Grünstrom-Index gibt Auskunft darüber, wie hoch der tatsächliche Anteil an Strom aus Wind, Sonne und Wasserkraft in einem bestimmten Postleitzahlengebiet in den nächsten 36 Stunden sein wird.

[toc] Hierbei beruht sich der Grünstrom-Index (GSI) auf die lokalen Wetterdaten und den Stromverbrauchswerten. Seit 2013 dient er als Anhaltspunkt für die intelligente Verbrauchssteuerung und kann dabei gezielt für Smart Home genutzt werden. Als Basiswerte für den Index dienen u.a. die Infrastruktur-Parameter der Verteilnetzbetreiber sowie die Verbrauchswerte der gewerblichen Stromkunden.

Ein Problem welches erkennbar wird, ist der schwankende Verbrauch im Laufe des Tages sowie der Nacht im Verhältnis zur schwankenden Erzeugung von Strom aus Erneuerbarer Energie. Mit dem Index ist es möglich, genau hier zu optimieren. Ich möchte dies am Beispiel von meinem Wohnort und einer Auswertung gerne aufzeigen.

Stadtwerke Marburg setzt auf Ökostrom

Seit Juli wohne ich in Cappel, einem Stadtteil von Marburg (Hessen) und hier sind die Stadtwerke Marburg der lokale Stromanbieter. Dieser setzt bei der Erzeugung von Strom zu 100 % auf regenerative Energiequellen. Dadurch ist der Strom aus der Steckdose nicht zwangsläufig auch zu 100 % aus Ökostrom, denn hier kommt der sogenannte Energiemix (gerne auch Strommix genannt) zum Einsatz.

In Marburg lag dieser in 2013 zu 49 % aus Erneuerbarer Energie, 33 % aus Erneuerbarer Energie gefördert nach EEG, 10 % aus Kohle, 4 % Erdgas, 3 % Kernenergie und zu einem Prozent aus sonstigen fossilen Energieträgern. Bedeutet im Klartext, dass zwar der Stromanbieter den eigenen erzeugten bzw. zugekauften Strom aus regenerativen Energiequellen (Erneuerbare Energie) gewinnt, der verbrauchte Strom beim Kunden im Einzugsgebiet aber nicht zwangsläufig aus 100 % Ökostrom besteht.

Energiemix 2013 in Marburg

Energiemix 2013 in Marburg

Wer sich für einen solchen Stromanbieter entscheidet, der bezieht theoretisch zwar Strom aus rein Erneuerbarer Energie, praktisch handelt es sich jedoch um den Energiemix. Es geht also eher darum, den Anteil an Erneuerbarer Energie im Energiemix zu erhöhen, denn der Anbieter baut die Produktion bzw. den Einkauf von Ökostrom weiter aus.

Grünstrom-Index für Marburg

Nun wissen wir also, dass zwar der Stromanbieter rein auf Ökostrom setzt, der Strom aus der Steckdose aber ein Energiemix darstellt. Jetzt kommt der Grünstrom-Index zum Einsatz, mit dem ich anhand meiner Postleitzahl eine Berechnung durchführen kann. Für Marbug-Cappel und über die PLZ 35043 kann der GSI ausgelesen werden.

Auf der dortigen Seite wird der GSI für die kommenden 36 Stunden pro Stunde ausgegeben. Zwischen 00:01 am 03.02.2015 bis 06:00 am 03.2015 wäre der Index sehr hoch. Die Werte liegen hier wie folgt:

Für den gesamten Verlauf innerhalb der nächsten 36 Stunden wären die Werte deutlich darunter. Bei diesen ganzen Berechnungen geht es um die Reduktion der CO2-Bilanz bei der Stromerzeugung und dem Verbrauch.

Anwendungsfall: Ladung von Elektroauto

Jetzt kommen wir zu dem besonderen Anwendungsfall, wo es um die optimierte Ladung für ein Elektroauto geht. Wir erinnern uns, dass kürzlich die Medien über die tatsächlichen Kostenersparnisse von Elektrofahrzeugen  im Vergleich zu den Verbrennern berichtet wurde. Diese Berichterstattung habe ich noch nicht aufgegriffen. Dort sprach man allerdings davon, dass aufgrund der CO2-Werte unbedingt auf Ökostrom gesetzt werden sollte.

Anwendungsfall: Ladung von Elektroauto

Anwendungsfall: Ladung von Elektroauto

Hier kommt der Grünstrom-Index zum Einsatz, denn er ermöglicht es die Ladung von Elektrofahrzeugen zu optimieren und den Anteil an Erneuerbarer Energie zu erhöhen. In unserem Beispiel wäre die optimale Ladung zwischen 00:00 Uhr und 06:00 Uhr am 03.01.2015. Ich zitiere einmal zur Beschreibung des GSI mit diesem Anwendungsfall:

„Durch die Verlagerung der Ladungen des Elektroautos in Stunden mit einem relativ hohen Anteil von Strom aus Erneuerbaren Energieträgern in Marburg / Lahn, wird auch die CO2-Bilanz des Strommixes verbessert. Der Anteil des EE-Stroms ohne Optimierung beträgt 47.04% – mit einer Grünstrom Index optimierten Ladesteuerung verändert sich der Schnitt im Betrachtungszeitraum auf ca. 100%. Bei den gewonnen 52.96% an Ökostrom handelt es sich direkt um Kapazitäten aus der Region um Marburg / Lahn. Die Wertschöpfung bleibt vollständig in der Region und belastet nicht die Hochspannungsnetze (=Fernleitungen).” Quelle: mix.stromhaltig.de

Dies bedeutet, ich als Besitzer eines Elektrofahrzeugs und einer Lademöglichkeit am Haus oder einer öffentlichen Ladesäule um die Ecke könnte meine Aufladung des Elektrofahrzeugs somit optimieren.

Projekt für Optimierung noch in diesem Jahr

Am letzten Barcamp Renewables haben sich Thorsten Zörner und ich zusammengesetzt und ein Projekt für dieses Jahr überlegt. Neben einigen Endkundentests, die Thorsten durchführen wird, gibt es einen weiteren Test mit einem Elektrofahrzeug und eBike.

An diesem Projekt ist Thorsten Zörner mit blog.stromhaltig.de, autophorie.de und Saving-Volt beteiligt. Wir werden in der Praxis die Reduktion der CO2-Emissionen aufzeigen. Hierfür soll der Tagesablauf über einen Zeitraum von zwei Wochen normal wie bisher ablaufen und das Fahrzeug geladen werden. Nach diesen zwei Wochen optimieren wir meinen Tagesablauf mit Hilfe vom Grünstrom-Index und führen eine Optimierung durch.

Kurz sieht es wie folgt aus:

Nach dem Aufstehen fahre ich mit dem eBike zur öffentlichen Ladestation. Dort wird das Fahrrad ins Fahrzeug eingeladen und zur Arbeitsstelle gefahren. Sollte ich es wieder aufladen müssen, dann fahre ich damit an die Ladestation und fahre mit dem eBike nach Hause.

In der Wohnung lade ich den Akku des eBikes zunächst einfach so auf, wie ich es meine und mit der Optimierung in einem festen Zeitfenster. Gleiche wird mit dem Elektrofahrzeug ebenfalls durchgeführt.

Im Anschluss berechnen wir die CO2-Bilanz und können aufzeigen, dass der Verbraucher zwar zunächst etwas Zeit in die Optimierung investieren muss, am Ende aber dennoch flexibel sein kann und eine Verbesserung der Werte erreicht.

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