Ein Jahr nach dem Atomausstieg: Strompreise für Verbraucher gesunken

Vor gut einem Jahr wurden die letzten Atommeiler in Deutschland vom Netz genommen. Die Kernkraft wurde durch die gestiegene Erzeugung aus erneuerbaren Energien energetisch ersetzt. Und die Strompreise? Die gingen für die Verbraucher sogar zurück.

Das Fraunhofer ISE teilt mit, dass die Strompreise an der Börse (Day-Ahead) auf das Niveau von April 2021 zurückgegangen sind und somit sogar niedriger als vor dem Ukrainekrieg liegen würden. Der durchschnittliche monatliche Day-Ahead-Börsenstrompreis liegt im April 2024 bei 48,39 Euro/MWh oder 4,8 Cent/kWh. Die Strompreise der Haushalte hätten sich auch erholt und liegen für Neukunden auf dem Niveau vom 04. Juni 2021.

Die Auswertung des Zeitraums Mitte April 2023 bis Mitte April 2024 zeigt also, dass der Wegfall der Kernkraft in Deutschland gut kompensiert werden konnte. Entgegen den Behauptungen lag der Anstieg beim Import nicht an mangelnden Erzeugungskapazitäten in Deutschland, sondern an den günstigen Erzeugungspreisen der erneuerbaren Kraftwerke in den Alpen und in Skandinavien.

Das Vergleichsportal Check24 lässt wissen, dass seit dem Atomausstieg der Strompreis bei alternativen Anbietern um 21 Prozent gesunken sei. Eine vierköpfige Familie mit einem Verbrauch von 5.000 kWh/Jahr würde bei solchen Anbietern im Schnitt 1.355 Euro im Jahr zahlen. Das sind 27,1 Cent je Kilowattstunde. „Damit liegen die Strompreise für Neukunden aktuell wieder auf dem Niveau von Anfang 2019“, so Check24. Seit dem 1. Januar 2024 wurden zudem 549 Fälle von Strompreissenkungen in der Grundversorgung vollzogen oder angekündigt. Die Senkungen betragen im Schnitt elf Prozent. Eine vierköpfige Familie mit einem Stromverbrauch von 5.000 kWh zahle durch die Preissenkungen durchschnittlich 296 Euro weniger im Vergleich zum 31. Dezember 2023. Allerdings haben auch Grundversorger in 128 Fällen seit Beginn des Jahres die Preise erhöht oder dies angekündigt. Die Erhöhungen betragen im Schnitt neun Prozent. Das entspricht Mehrkosten von durchschnittlich 176 Euro für eine vierköpfige Familie.

Anhand der Grafik wird jedoch deutlich, dass trotz der Grundversorger, die ihre Preise sogar angehoben haben oder den Schritt noch vollziehen, die Strompreise für Verbraucher nach unten gegangen sind. Der Check24-Strompreisindex berücksichtigt pro Netzgebiet den Preis des Grundversorgungstarifs, den jeweils günstigsten Tarif des Grundversorgers sowie den je günstigsten Tarif der zehn preiswertesten Alternativanbieter.

Ein Jahr ohne Kernkraft: Fraunhofer ISE zieht Resümee

Am 15. April 2023 ging in Deutschland mit der Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke Emsland, Neckarwestheim und Isar die Ära der Kernkraft zu Ende. Am ersten Jahrestag des Ausstiegs zog das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE Bilanz. Die Kernkraft wurde durch die gestiegene Erzeugung aus erneuerbaren Energien energetisch ersetzt. Auch die Erzeugung aus fossilen Energien ging zurück, was durch Stromeinsparung, Eigenstromerzeugung aus Photovoltaik, eine reduzierte Last und Importe kompensiert wurde. 

„Tatsächlich wurde die Stromerzeugung aus Kernkraft energetisch durch erneuerbare Energien ersetzt. Im ersten Jahr ohne Kernenergie wurden ungefähr 270 TWh erneuerbarer Strom erzeugt, 33 TWh mehr als im Vorjahreszeitraum. Unser Strommix ist so sauber wie nie zuvor“, erklärt Prof. Bruno Burger, der die Datenplattform energy-charts.info des Fraunhofer ISE verantwortet. Die Erneuerbaren Energien hatten zwischen April 2023 und April 2024 einen Anteil von 58,8 Prozent an der elektrischen Last. Das ist die Summe aus dem öffentlichen Stromverbrauch und den Netzverlusten. Parallel zur gestiegenen Erzeugung aus erneuerbaren ist die Stromerzeugung aus fossilen Energien zurückgegangen.

Die Importe sind im ersten Jahr ohne Kernkraftwerke gestiegen, obwohl Deutschland genügend Kraftwerkskapazität hatte, um sich jederzeit selbst zu versorgen. Einer Last von etwa 75 GW stehen in Deutschland etwa 90 GW an nicht-fluktuierenden Erzeugungskapazitäten gegenüber. Dazu kommen noch die erneuerbaren Erzeuger Solar (ca. 85 GW) und Wind (ca. 70 GW) und die Pumpspeicher (ca. 9,5 GW). „Dass wir 23 Terawattstunden Strom importiert haben, gegenüber 21,3 Terawattstunden Export im Vorjahr, liegt also nicht an mangelnden Erzeugungskapazitäten in Deutschland. Grund sind die deutlich gefallenen Börsenstrompreise. Im Sommer haben die erneuerbaren Kraftwerke in den Alpen und in Dänemark, Norwegen und Schweden günstigen Strom erzeugt, sodass die deutschen Kohlekraftwerke nicht konkurrenzfähig waren. So kam auch über den Import viel Strom mit niedrigen Treibhausgasemissionen nach Deutschland“, so Burger weiter. Hinzu kam im Sommer, dass viele Kernkraftwerke in Frankreich nach den Ausfällen im Jahr 2022 wieder am Netz waren und überschüssigen Strom exportiert haben. Die Details können hier beim Fraunhofer ISE nachgelesen werden.

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