Camping mit dem Elektroauto? Erfahrung während meiner #RoadtoBerlin

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Kann das Elektroauto auf dem Campingplatz geladen werden? Wie kann die vorhandene Infrastruktur genutzt werden und wie wird abgerechnet? Diese Fragen habe ich – wenn auch nur kurz und an wenigen Campingplätzen – mir selbst beantworten können und gebe die Erfahrung gerne an euch weiter.

Im Vorfeld meiner #RoadtoBerlin, dem Roadtrip zum Finale der UEFA Champions League, habe ich nach einer für mich passenden Route mit entsprechender Ladeinfrastruktur gesucht. Dabei diente mir der Nissan e-NV200 als Fahrzeug und Schlafplatz während meiner dreitägigen Tour. Hauptsächlich benötigte ich hierfür CHAdeMO-Ladesäulen, bezog zweimal für kurzzeitiges Zwischenladen Typ 2 mit ein und zwei Campingplätze dienten mir über Nacht ebenfalls als Ladepunkt. Allerdings muss ich gleich dazusagen, dass ich dies vorher explizit nicht mit den Campingplätzen abgesprochen habe und wollte schauen, wie spontan die Betreiber auf eine so spezielle Frage reagieren.

Elektroauto laden am Campingplatz – Infrastruktur beachten!

Es sei gleich einmal dazu gesagt, dass die Campingplätze in der Regel fast immer einen Stromanschluss bereitstellen. Das Problem der Stromversorgung sollte sich damit bereits erledigt haben. Etwas anders sieht es hier aber mit der Absicherung und den Anschlüssen aus. Auf Campingplätzen treffen wir so gut wie immer den blauen Steckverbinder vor. Dieser ist ausgelegt für 230 Volt (AC) / 16 Ampere und nennt sich umgangssprachlich auch „Campingstecker“ bzw. „Caravanstecker“.

Wallbox von crOhm im Einsatz am Nissan e-NV200

Nach meinem Roadtrip habe ich also bei einigen Campingplätzen lediglich nach den Preisen angefragt und mir wurde dennoch die Information mitgegeben, welche Anschlüsse vorhanden und wie diese abgesichert sind. Somit wurde mir bei den Stichproben bewusst, dass der Campingstecker zwar bis zu 16 Ampere zulässt, die Campingplätze aber häufig nur auf 10 Ampere setzen. Damit stehen in der Regel bis zu 2,3 kW zur Verfügung. Dies ist von hoher Bedeutung, da sonst die Sicherung fällt, wenn der Ladestrom zu hoch eingestellt wurde. Kennen wir ja aus dem privaten Haushalt, wo früher gerne mal die Waschmaschine und der Trockner über eine Sicherung liefen und sich die Besitzer wunderten, wieso in bestimmten Fällen die Sicherung fällt.

Mobile Ladebox hilft beim Ladevorgang auf dem Campingplatz

Also sollte in jedem Fall eine Option geschaffen werden bzw. dabei sein, mit der ihr vom Campingstecker auf euren jeweiligen Anschluss am Elektroauto gehen könnt. In meinem Fall war dies Typ 1, wofür mir crOhm deren crOhm-Box EVSE1M zur Verfügung stellte. Dabei handelt es sich um eine mobile Box, in der der entsprechende Ladestrom angepasst werden kann. Laut Forum GoingElectric gibt es ab Juli 2015 ein Firmware-Update, mit dem die Box diesen automatisch einstellt und sich nicht vorher erkundigt werden muss, wie der Anschluss abgesichert ist. Diese Box kostet an sich etwas über 2.000 Euro und sicher gibt es da auch andere Varianten. In diesem Anwendungsfall wäre der mobile Schnelllader MDC von Designwerk übrigens überdimensioniert gewesen.

Camping am See bei Hannover mit Nissan e-NV200

An einer solchen Ladebox kann jetzt der richtige Ladestrom eingestellt werden. Dafür kurzerhand die Bedienungsanleitung auf der Rückseite gelesen und die Einstellung auf 8 Ampere vorgenommen. 8 Ampere deshalb, weil die Box eben keine Option für 10 Ampere liefert. Würde ich auch nicht empfehlen, da die volle Ausreizung des möglichen Ladestroms zu Problemen führen kann. Ist ähnlich wie im Haushalt zu sehen, wo die Belastungsgrenzen nach Möglichkeit nicht vollständig ausgereizt werden sollten.

Der erste Tag führte mich an den Arnumer See, wo ich mit dem Nissan e-NV200 direkt am Wasser parken konnte, meinen Schlafplatz hinten einrichtete und die crOhm-Box an das Fahrzeug anschloss. Kurz die Einstellungen vorgenommen und der Ladevorgang startete. Übrigens ist der Ladevorgang irgendwann so leise, dass sich angrenzende Nachbarn nicht gestört fühlen. Im hinteren Teil vom Fahrzeug konnte ich anhand der blinkenden LEDs über das kleine Fenster sehen, ob weiter geladen wird. Alternativ wäre dies auch über die App möglich gewesen oder mit einem einwandfreien Gehör. Am zweiten Tag ging es an den Barleber See bei Magdeburg und auch hier konnte ich ohne Probleme das Fahrzeug laden. Hierfür ebenfalls wieder die crOhm-Box aufgebaut und angeschlossen.

Was kostet das Laden auf den Campingplätzen?

Ein Punkt, der nicht unbeachtet bleiben darf und durchaus eine Rolle spielt. In beiden Fällen hatte ich noch rund 30 Prozent an Ladekapazität in der Batterie, weshalb ich nicht vollständig aufladen musste. Bei beiden Campingplätzen habe ich lediglich 3,00 Euro für den Strom pauschal für eine Nacht bezahlt. Eine Nachfrage beim Campingplatz Südstrand auf der Insel Fehmarn würde ich pauschale 2,00 Euro pro Nacht bezahlen. Zudem teilten sie einem mit, welche Anschlüsse ich dort vorfinde und welche Leistung bereitsteht.

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In einer zweiten Anfrage richtete ich mich an den Campingplatz „Strandcamping Waging am See“ an der österreichischen Grenze, wo einem ebenfalls die Anschlüsse mitgeteilt wurden. Hier würde ich lediglich nur den normalen Übernachtungspreis zahlen. Da gilt der Blick auf die Lagekarte, denn je nach Stellplatz kann der Anschluss kostenlos sein oder eine Pauschale mit Strompreis von 0,69 Euro pro kWh.

Meine dritte und somit letzte Anfrage richtete sich an den Campingplatz „Kurcamping Rumkerhof“ in der Nähe von Soest. Dort würde ich 0,50 Euro pro kW/h zahlen. An sich ein Preis, den man durchaus in Kauf nehmen kann, wenn man spontan übernachtet und keine Ladesäule in der Nähe ist. Generell habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Preise sehr durchwachsen sind und viele Campingplätze lediglich die Strompauschale nehmen. Glaube nicht, dass es sich hierbei um Unwissenheit über den Strombedarf des Elektroautos handelt, sondern viel eher darum, dass es im Schnitt am Ende des Jahres durchaus passen könnte. Nicht jeder Camper reizt die Strompauschale für eine Nacht aus und da das Aufladen von Elektroautos dort momentan noch eher selten ist, scheint dies ok so zu sein.

Nissan e-NV200 – Umbau zum Campingwagen

In unserem Fall hatten wir den Nissan e-NV200 als Kastenwagen gehabt und somit lediglich eine Ladefläche hinten drin. Keine Isolierung und zumindest auf dem Boden befand sich eine durchgängige Holzplatte, die für eine ebene Fläche sorgte. Stefan beschrieb unseren Roadtrip aus seiner ganz eigenen Sicht und ich bin ehrlich gesagt erstaunt, wie gut zwei „normale“ Personen hinten hineinpassen können. Vielleicht hätten wir den Umbau von einem Unternehmen aus Großbritannien nutzen sollen, womit wir etwas mehr Liegefläche gehabt hätten. Die haben daraus durchaus einen kleinen Campingvan gebastelt.

Ich mit meinen schlanken 1,90 m und auch Stefan, der etwas kleiner als ich aber mit normaler Statur behaftet ist, haben zwei Isomatten nebeneinander bekommen und wir schliefen darin nebeneinander ohne große Probleme.

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Hier befand ich mich auf meinem Roadtrip am ersten Campingplatz noch alleine im Fahrzeug.

Sicher, die Embryostellung wäre uns zu einem kleinen Verhängnis geworden, aber diese kleine Problematik kennen viele von uns vom Zelten. Einen kleinen Spalt der Tür ließen wir offen für die Frischluft. Möglich wäre dies auch über das kleine Fenster in der Trennwand gewesen, wofür wir die kleine Scheibe hätten entfernen müssen.

Die anderen Gäste auf den Campingplätzen waren offen für Gespräche und erstaunt, wie man den Wagen mal eben als Campingwagen nutzen kann, wenn auch nur als Schlafwagen. Das kleine Lämpchen im Laderaum machte eine Taschenlampe unnötig und über einen kleinen Spalt konnte eine Stromversorgung über das 12 V-Netz des Fahrzeugs für mobile Geräte genutzt werden.

Mir hat dieser Trip gezeigt, dass sich Campingplätze offen für diese Technologie zeigen und wie funktional ich einen Kompaktvan nutzen kann. Ja, auch was ich beachten muss wenn ich mein Fahrzeug laden möchte. Eine durchaus empfehlenswerte Erfahrung.

Dieser Artikel erschien in der Printausgabe 04/2015 von „Clever Campen“ – Motor Presse Stuttgart (Download als PDF)

Update Dezember 2021: Ursprünglich wollte ich diese Tour längst noch einmal fahren. Doch bislang fehlte mir leider die Zeit. Aufgeschoben ist bekanntlich aber nicht aufgehoben. Mein Ziel: Ich will prüfen, wie sich die jeweiligen Campingplätze ein paar Jahre später zu diesem Thema verhalten. Deshalb steht die Tour – endlich kann man sagen – für das kommende Jahr auf der ToDo-Liste.

Einige werden mein obiges Erlebnis – vor allem mit dem nicht umgebauten Nissan e-NV200 – nicht unbedingt als „Camping“ bezeichnen. Ich für meinen Fall allerdings schon. Aber am Ende überlasse ich die Beantwortung jedem selbst.

Nun lasst uns aber einen Blick auf den Stand Ende 2021 werfen. Hat sich im Bereich Elektro-Camper mittlerweile etwas getan? Camping erlebt einen Boom. Das ist nicht nur eine subjektive Beobachtung. Hierfür gibt es vielerlei Ursachen. Eine davon ist sicherlich die Corona-Pandemie sein. Doch auch schon vor der Pandemie zog der Wunsch nach einem Wohnmobil oder Wohnwagen an. Es besteht hier allerdings noch ein „Problem“: Die Wohnmobile werden fossil angetrieben. Die E-Camper kommen erst noch – die vereinzelten Umbauten von E-Transportern oder E-Vans mal außen vor, die es durchaus gibt.

Das Angebot auf dem Markt ist weiterhin sehr rar. Seit 2019 bietet Iridium ein E-Wohnmobil an. Die Variante mit einer 86-kWh-Batterie wurde 2019 mit einem Preis zu 159.900 Euro angeboten. Ein stolzer Preis für ein Fahrzeug dieser Größe. Eine fossile Variante gibt es für grob 90.000 Euro weniger. Deutlich günstiger scheint da die Variante, die elektrischen Ableger des Peugeot Expert, Toyota Proace, Opel Vivaro oder Citroën Jumpy umbauen zu lassen. Angeboten wird dies von VDL und Camperfixx in den Niederlanden. Gut, diese Fahrzeuge sind deutlich kleiner und bieten weniger Luxus als ein „richtiges“ Wohnmobil. Preise sind mir zudem auch nicht bekannt. 

LEVC hat hingegen in diesem Jahr angekündigt, einen Campervan auf Basis des Transporter-Modells VN5 selbst anbieten zu wollen. Der neue Camper von LEVC soll Schlafgelegenheiten für bis zu vier Personen, eine integrierte elektrische Küchenzeile und einen zentralen Klapptisch bieten. Bislang ist aber noch nicht klar, wann das Modell auf den Markt kommen wird. Knaus Tabbert präsentierte hingegen auf dem Caravan Salon mit dem „Knaus E.Power Drive“ die Studie eines E-Reisemobils. Die mit HWA entwickelte Studie soll über einen Wankelmotor als Range Extender verfügen. Die Fahrzeugstudie basiert auf einem Knaus Van TI 650 MEG Vansation des Wohnwagenherstellers. Doch auch hier ist unklar, wann dieser Camper verfügbar sein wird.

VW plant den ID. Buzz auch als Elektro-Camper bringen zu wollen. Das Freizeitmobil wird vermutlich auf den Namen ID. California hören. Preise und Daten gibt es dazu aber bislang noch nicht.

Wer schon jetzt aber einen E-Camper ausprobieren will, der hat dazu die Chance. So bietet beispielsweise das Unternehmen Zero Campers diese Möglichkeit an. Der Citroën ë-Spacetourer kann ab 95 Euro pro Tag und der Mercedes-Benz EQV ab 110 Euro pro Tag gemietet werden. Allerdings sind diese beiden E-Fahrzeuge eher „spartanisch“ ausgestattet.

Es wird also anhand dieser Beispiele deutlich, dass noch sehr viel Potenzial vorhanden ist. Dabei gibt es aber durchaus gewisse Hürden zu meistern. Da wären zum Beispiel die entsprechenden Reichweiten, das Gesamtgewicht, um beispielsweise diese Modelle auch mit dem Führerschein der Klasse B fahren zu können oder auch die Preise im Vergleich zu fossilen Varianten. Doch zunächst einmal müssten sie überhaupt erst entsprechend auf dem Markt bestellbar sein. 

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